Rückschau: Jüdische Geschichte im digitalen Zeitalter

Über die Idee hinter »BACKUP der Geschichte«

Die drei Abende der Reihe »BACKUP der Geschichte« über die Zukunft der Erinnerung deutsch-jüdischer Geschichte waren ein voller Erfolg. Anlass der Reihe ist das 70. jährige Jubiläum, verbunden mit der Notwendigkeit für neues Erzählen in einer Zeit, in der Zeitzeug:innen immer weniger und der Abstand zur Vergangenheit immer größer wird. Die Veranstaltungen des Leo Baeck Institut New York | Berlin haben eindrucksvoll gezeigt, wie Erinnerungskultur neu gedacht und vermittelt werden kann.

»Zwischen Algorithmus und Autorenschaft«

Den Auftakt der Reihe bildete der 21. August 2025, als Dr. Nora Pester Verlegerin von Hentrich & Hentrich und Susanne Siegert, Initiatorin von «keine.Erinnerungskultur» unter dem Titel »Zwischen Algorithmus und Autorenschaft«. Der Abend behandelte die Frage, wie Erinnern in Zeiten von Social Media gestaltet werden kann. Susanne Siegert sprach dabei über die Arbeit mit TikTok und Instagram und das Dilemma, inwieweit sich Autor:innen dem Medium und der Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer:innen anpassen müssen. Dr. Nora Pester berichtete über den von ihr geleiteten Leipziger Verlag Hentrich & Hentrich und ihr vielfältiges Programm mit zahlreichen deutschlandweiten Veranstaltungen.

Dr. Nora Pester, Sharon Adler (Moderation) und Susanne Siegert bei der Auftaktveranstaltung von »BACKUP der Geschichte“ zum Thema »Zwischen Algorithmus und Autorschaft« © Laura Stein
Susanne Siegert stellt das Projekt „keine.Erinnerungskultur“ vor, mit dem sie Aufklärung und Erinnerungsarbeit über die Shoah auf Social Media leistet © Laura Stein

»Echt genug?«

Zum zweiten Termin am 9. September 2025 »Echt genug?« sprachen die Historikerin und Autorin Dr. Katalin Krasznahorkai und Ruth-Anne Damm, die Leiterin von Zweitzeugen über den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Erinnerungsarbeit. Dr. Katalin Krasznahorkai stellte dabei u.a. das Projekt „In Echt?“ über virtuelle Begegnungen mit Zeitzeug:innen der NS-Zeit vor und sprach über die Rolle digitaler Zeitzeugenschaft und die Chancen und Grenzen des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz. Ein weiteres zentrales Thema der Diskussion, war die Verantwortung, die mit der Nutzung neuer Technologien einhergeht. Beide Referentinnen gaben Einblicke in ihre Arbeit und diskutierten engagiert mit dem Publikum über Authentizität, Vermittlung und die Zukunft einer aktiven Erinnerungskultur.

Ruth-Anne Damm, Dr. Katalin Krasznahorkai und Moderatorin Dr. Miriam Bistrovic © Laura Stein
Dr. Katalin Krasznahorkai präsentiert das Projekt „In Echt?“ © Laura Stein

»Erinnern in Bildern«

Den Abschluss bildete am 16. Oktober 2025 »Erinnern in Bildern«, in dem Nathalie Frank, Birgit Weyhe und Dr. Stefanie Fischer aufzeigten, wie Comics und Graphic Novels als mediale Gedächtnisräume genutzt werden können, um Geschichte in visueller Form erfahrbar zu machen. Dabei wurden unter anderem die Projekte „Wie geht es dir?“ – ein Comicband mit 60 gezeichneten Gesprächen nach dem 7. Oktober 2023 vorgestellt. Nathalie Frank gab dabei Einblicke in ihre Arbeit als Macherin Dokumentarischer Comics und wie sie mittels Comic-Workshops mit Betroffenen und Schulklassen zum Thema Nahost gearbeitet hat. Dabei stellte sich das Zeichnen und das Ausdrücken der eigenen Gefühle als eine geeignete Methode heraus, um sich mit komplexen politischen Themen auseinanderzusetzen.

Dr. Miriam Bistrovic, Dr. Stefanie Fischer, Nathalie Frank, Sharon Adler (Moderation) und Birgit Weyhe bei der Abschlussveranstaltung von »BACKUP der Geschichte« zum Thema »Erinnern in Bildern« © Laura Stein
Birgit Weyhe gib Einblicke in die Arbeit des Comicprojekts „Wie geht es dir?“ © Laura Stein
v.l.n.r. Moderatorin Sharon Adler, Stefanie Fischer, Nathalie Frank und Birgit Weyhe © Laura Stein

Dr. Stefanie Fischer gab Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Graphic Novel „Oberbrechen: A German Village Confronts its Nazi Past„, welches in Zusammenarbeit mit Dr. Kim Wünschmann entstand und die eigene Familiengeschichte der Autorinnen anhand eines Dorfes in Süddeutschland reflektiert.

Gemeinsam haben diese Abende eindringlich veranschaulicht, dass Erinnerung heute weder statisch noch eindimensional sein darf, sondern sich ständig zwischen Technik, Ästhetik und Narration neu erfindet. Eine Fortsetzung der Veranstaltungsreihe für 2026 wird angestrebt.