20 Kisten voller Bücher | Ein Beitrag über Marei Obladen

Im April 2024 nahm Jakob Kroneck, Geschäftsführer der Freunde und Förderer des LBI, 20 Kisten voll mit Büchern zu jüdischer Geschichte und Kultur in Hamburg-Eppendorf entgegen und transportierte sie in das neue Büro der Freunde und Förderer in der Xantener Straße in Berlin-Charlottenburg. Grund für diese Reise war eine großzügige Spende der Familie Obladen. Michel Obladen, der Neffe von Marei Obladen, erzählte bei einem Telefongespräch über das engagierte Leben seiner Tante, der wir mit diesem Beitrag gedenken möchten. 

Marei Obladen ist 1941 geboren und 2020 in Hamburg verstorben. Sie kommt aus einer katholischen Familie, führte jedoch kein religiöses Leben und engagierte sich Zeit ihres Lebens für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und gegen Antisemitismus.

Nach Ihrem Studium der Germanistik und Theaterwissenschaften arbeitete Marei Obladen als Dramaturgin und Regieassistentin an den Hamburger Kammerspielen unter der Leitung von Ida Ehre, die während des Nationalsozialismus aufgrund ihrer jüdischen Herkunft im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert war und dieses überlebte.

Ihre Familie erinnert Marei Obladen als eine kluge und bedachte Person, die im Verlauf ihres 78-jährigen Lebens eine große Privatbibliothek mit Schwerpunkt auf NS-Aufarbeitung, Judaistik, Kinder- und Jugendliteratur aufgebaut hat. Als erfolgreiche Hörspielautorin erschuf sie unzählige Hörspiele für Kinder und Jugendliche, darunter u.a. auch eine Hörspielbearbeitung des Anne Frank Tagebuchs, die 1986 den Terre des Hommes-Kinderhörspielpreis erhielt. 

Mit Giesela Wiese engagierte sie sich für die Betreuung jüdischer Zeugen der Hamburger NS-Prozesse. Daraus entstand die erste Pax Christi Gruppe Hamburgs. Auch mit der Widerstandskämpferin Elsa Werner verband sie eine lebenslange Freundschaft und die Arbeit im Auschwitz Komitee Deutschland, deren Gründungsmitglied sie war.

Als eine vorsichtige, konsequente und geduldige Denkerin hat sie beständig auf den Antisemitismus egal aus welcher politischen Richtung hingewiesen. Bei antisemitischen Äußerungen wurde sie unerbittlich und zeigte gedankliche Verwirrungen ihres Gegenüber Messer scharf an. Für ihre Neffen und Nichten Tina, Til und Michel Obladen wurde sie durch ihre Belesenheit und gedankliche Schärfe zu einer wichtigen geistigen Lehrerin.

Die Freunde und Förderer bedanken sich herzlich für diese Bücherspende und werden die Bücher in den kommenden Wochen und Monaten sichten. Wir bemühen uns den Bestand zukünftig ganz im Sinne Marei Obladens lebenslangen Wirken ­– für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und gegen jedwede Form von Antisemitismus – für die Erforschung der deutsch-jüdischen Geschichte und Kultur des Leo Baeck Instituts zur Verfügung zu stellen.

Bücher aus der Bücherspende von Marei Obladen